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Eindrückliche Bilder des Völkermords
Eindrückliche Bilder des Völkermords Der Genozid an den Armeniern gehört zu den schrecklichsten Verbrechen der Geschichte. Mitten im Ersten Weltkrieg ließ die türkische Regierung in den Jahren von 1915 bis 1917 eineinhalb Millionen Armenier töten.

Der evangelische Theologe und Orientalist Johannes Lepsius (1858–1926), der im Jahre 1914 die „Deutsch-Armenische Gesellschaft“ gegründet hatte, publizierte mehrere Studien über den türkischen Völkermord, nachdem er bereits im Jahr 1916 an Abgeordnete des Reichstages seinen detaillierten „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“ verschickt hatte.

Aber auch der Schriftsteller Armin Theophil Wegner (1886–1978), der als Sanitäter beim deutschen Orientfeldzug 1915 über große Reisefreiheit im osmanischen Staatsgebiet verfügte, legte Zeugnis von dem von sogenannten Jungtürken verübten Massaker ab. Er konnte seine Aufzeichnungen und insbesondere auch die Negative seiner zahlreichen Fotografien aus dem Osmanischen Reich „unter einer Leibbinde“ herausschmuggeln.

Am 19. März 1919 hielt Armin T. Wegner seinen Lichtbildervortrag „Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste“ in der Berliner Urania. Der Vortrag war begleitet von wütenden Protesten der türkischen Gemeinschaft. Es kam sogar auch zu Schlägereien zwischen Türken und Armeniern. Wegner konnte den Vortrag, diesmal ohne Zwischenfälle, im Jahre 1924 in Wien in überarbeiteter Form erneut halten. Nicht nur die Lichtbilder, sondern auch der auf die Dias abgestimmte Vortragstext sind noch erhalten – ein außerordentlicher Glücksfall, der dem Filmmuseum Potsdam ermöglichte, in Zusammenarbeit mit dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr Dresden und mit der Heinrich-Böll-Stiftung am 24. April 2016 den Lichtbildervortrag zu rekonstruieren. Der vom Schauspieler Ulrich Noethen vorgetragene Text korrespondiert mit den von Karin Bienek an einer historischen Laterna Magica projizierten Bildern. Die Vortrags-Rekonstruktion ist zusammen mit den einleitenden Vorträgen und einer Podiumsdiskussion kürzlich von „absolut medien“ als DVD veröffentlicht worden.


Erschöpft bleiben Menschen in der Wüste liegen. Das Bild gehört zum Diavortrag über den Genozid an den Armeniern,

den Armin T. Wegner 1919 hielt, 2016 vom Filmmuseum Potsdam rekonstruiert und kürzlich als DVD veröffentlicht wurde. Foto: absolut medien

Ulrich Noethen findet beim Vortragen das richtige Gleichgewicht: Die Intonation ist durchaus emotionsgeladen, ohne aber in irgendeinem Augenblick in Pathos zu verfallen. Die Bilder sprechen für sich – so auch der einführende Text. Zu Beginn zeigt Wegner hinzugekaufte Aufnahmen aus Kultur und Lebenswelt der Armenier, die sich von seinen eigenen Fotografien über das Massaker an den Armenier grundlegend unterscheiden.

Die Bilder geben mit schonungslosem Realitätssinn das grauenhafte Massaker wieder: Von erschöpft auf dem Weg durch die Wüste liegenden Menschen über eine unter der unbarmherzigen Sonne sitzende Großfamilie und Frauen mit zerschlissenen Kleidern in einem Lager bis hin zu herzzerreißenden Aufnahmen von bis zum Skelett abgemagerten, toten Kindern. Für die Authentizität der Bilder spricht sich anhand einer konkreten Aufnahme Andreas Meier, Germanistik-Professor in Wuppertal und Herausgeber der Werke von Armin T. Wegner, aus.

Wegners Lichtdiavortrag ist ein einmaliges, bild- und wortgewaltiges Zeugnis über den Genozid an den Armeniern und anderen orientalischen Christen. Zwar erkannte im Juni 2016 der Deutsche Bundestag das Massaker als „Völkermord“ an, und bedauerte dabei auch die „unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches“ als Hauptverbündeter des Osmanischen Reichs. Eine offene Vergangenheitsbewältigung in der Türkei steht jedoch noch aus.

„Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste. Ein Lichtbilder-Vortrag von Armin T. Wegner, gesprochen von Ulrich Noethen“. DVD, hrsg. v. Filmmuseum Potsdam, 57 + 86 Min., absolut medien, EUR 14,99.

Quelle:https://www.die-tagespost.de/feuilleton/Eindrueckliche-Bilder-des-Voelkermords;art310,194214?fbclid=IwAR0eNW2g2RWuMCpDl4UgH90H3azESNoTYxpYQadXQQoQm_2_r59kBbPW7RQ



DruckenDrucken | 13-12-2018, 08:20:00 |

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